Ich und du und Müllers Kuh

bildschirmfoto-2016-12-13-um-08-22-44

Ariadne von Schirachs Fachbuch “Ich und du und Müllers Kuh – Kleine Charakterkunde für alle, die sich selbst und andere besser verstehen wollen” macht durchaus Lust, dieses Buch zu kaufen und zu lesen. Das Sachbuch basiert auf den Erkenntnissen der beiden Psychoanalytiker Fritz Riemann und Karl König und gewährt uns einen kleinen Einblick in die Grundcharaktere des Menschen. Riemann und Könige unterscheiden sechs Persönlichkeitsstrukturen: den Narzissten, den Schizoiden, den Depressiven, den Zwanghafte, den Phobiker und den Hysteriker. Zu Beginn des Buches werden die beiden Psychoanalytiker ebenfalls kurz und sehr informativ vorgestellt.

Ariadna von Schirach betrachtet die unterschiedlichen Charaktertypen sehr genau auf den Punkt und beschränkt sich zum Wohle des Lesers und zugunsten der allgemeinen Textverständlichkeit in ihren Ausführungen über die Psychoanalyse auf das Nötigste. Sie betrachtet die Entwicklungspsychologie der Persönlichkeitsstrukturen und zeigt auch die Stärken und Schwächen der einzelnen Grundcharaktere auf.

Es sei angemerkt, dass sich kein Mensch auf dieser Erde zu 100 Prozent in diese Schemen pressen lässt, es  also häufig Mischtypen gibt.

“Jeder Mensch ist ein Kosmos, und keiner ist ganz auslotbar. Dennoch können wir einander verstehen, und zwar umso besser, je genauer wir die eigene Charakterprägung und die unseres Gegenübers erfassen.”

Da wir Menschen aber sehr gerne kategorisieren und strukturieren, um alles besser einordnen und verstehen zu können, ist das Buch dennoch sehr interessant und teilweise auch amüsant zu lesen.

Die Autorin gibt zudem auch noch hilfreiche Umgangstipps mit den einzelnen Persönlichkeitsstilen.

Fazit: Ein sehr strukturiert aufgebautes und hochinteressant zu lesende Buch über menschliche Charaktäre. Sollte ebenso wie die “Grundformen der Angst” von Fritz Riemann im Buchregal jedes Beraters, Coaches, Therapeuten, Personalmanagers, Manager etc. stehen. Informativ, handlich, praktisch und sehr gut! Auch sehr gut zur Selbstreflektion geeignet ;-)!

 

Weiterlesen

Der unbewusste Lebensplan

51tgjm-kwrlIhre langjährigen Erfahrungen mit der Transaktionsanalyse gibt Almut Schmale-Riedel in ihrem aktuellen Buch “Der unbewusste Lebensplan – Das Skript in der Transaktionsanalyse“, erschienen im Kösel-Verlag, an uns Leser weiter.

Typische Glaubenssätze aus unserer Kindheit blockieren u. U. heute noch unser Lebens. Sätze wie “Ich bin schuld”, “Ich kapiere das eh nicht, also lass ich es lieber gleich”, “Ich bin nicht gut genug” usw. Hinter diesen Sätzen steht immer ein sogenanntes Lebensskript. Dieses Lebensskript ist das Bild, das wir Menschen uns in unseren ersten Lebensjahren von uns selbst, der Welt und den anderen Menschen machen. Diese Sichtweisen und Einstellungen des Kindes entstehen als Schlussfolgerungen auf das, was es erlebt hat.

In ihrem Buch zeigt Almut Schmale-Riedle die häufigsten dieser Lebensskriptmuster und auch, wie welche Wege aus diesen Mustern wieder herausführen. Viele Fallbeispiele von Lebensskriptmustern werden in dem sehr empfehlenswerten Sachbuch vorgestellt. Sie zeigen, wie sich diese Muster entwickeln und wodurch sie verstärkt werden, wie sich bei Erwachsenen zeigen und wie sich die sogenannte Psychodynamik dieser Musterskripten auswirken kann.

Aus dem Buch:

“Da geht ein junger Mann im Schwimmbad auf das 3-Meter-Brett und spürt plötzlich, wie er von einem Angstschauer durchflutet wird. Und er erinnert sich, wie er als kleiner Junge für das Schwimmabzeichen vom 1-Meter-Brett springen sollte und Panik bekam.” (Seite 22)

Fazit: Ein sehr gut verständliches, fachlich hervorragendes und sehr bereicherndes Buch, dass jeder Coach, jeder Therapeut, jeder Berater oder andere, die mit Menschen regelmäßig in Interaktion treten, gelesen haben sollte! Sehr interessant auch, um sich selbst noch bessern kennenzulernen, nach welchen Mustern wir im täglichen Miteinander mit anderen interagieren und uns verhalten.

 

Weiterlesen

Trauma und Gedächtnis

51vrup10g4l

Peter A. Levines neues Buch “Trauma und Gedächtnis – Die Spuren unserer Erinnerung in Körper und Gehirn – Wie wir traumatische Erfahrungen verstehen und verarbeiten” ist ein sehr empfehlenswertes Buch nicht nur für Traumatherapeuten.

Unser Körper vergisst nichts, was unser Gedächtnis vergessen oder verdrängt hat – unser Körper merkt sich alles. Zum Glück.

Peter A. Levine hat sich auf die Spur gemacht, herauszufinden, wie sich Menschen an traumatische Ereignisse erinnern. Denn zu dieser Frage gibt es viele unterschiedlichen Antworten. Einige Experten beispielsweise sind der Meinung, das traumatische Erinnerung unzuverlässig sind und im therapeutischen Prozess keine Anwendung finden sollten. Andere wiederum bestehen darauf, sich genau auf diese Erinnerungen zu verlassen, um vergangene traumaische Erfahrungen und Situationen einordnen zu können. Laut Peter M. Levine sind beide Einstellungen richtig: Den bewussten Erinnerungen könne vertraut werden, jedoch seien die verlässlichsten jene, die zunächst am wenigsten verlässlich erscheinen – nämlich jene Erinnerungen des Körpers.

Diese Traumaerinnerung wurde bisher nur wenig erforscht, im Buch wird sie implizite Traumaerinnerung genannt. Die explizite Erinnerung an vergangene Traumen ist vielen bekannt: Es handelt sich um jene, die sich durch die sogenannten Flashbacks – also blitzartige Rückblenden, die uns aus heiterem Himmel plötzlich wieder einfallen.

Peter M. Levine zeigt in seinem sehr empfehlenswerten und sehr gut lesebaren Buch viele Fallbeispiele zum besseren Verständnis, basieren auf seiner jahrzehntelangen Forschung und Erfahrung im Umgang mit traumatisierten Patienten.

Fazit: Dieses Buch ist eine absolute Lese-Empfehlung sowohl für Experten und auf dem Gebiet der Traumatherapie Tätige, als auch für Betroffene, weil es viele neue Einsichten aufzeigt, wie unser Körpergedächtnis arbeitet. Fabelhaft geschrieben und hochinteressant!!!

Weiterlesen

PTBS bei Kindern und Jugendlichen

41i42vvynll

Alexander Korritko hat mit seinem Buch “Posttraumatische Belastungsstörung bei Kindern und Jugendlichen” einen wichtigen Beitrag zum Verstehen früher Traumatisierungen geleistet.

Der Diplom-Sozialarbeiter mit vielen Zusatzausbildungen beschreibt hier treffend und gut nachvollziehbar die unterschiedlichen Wirkfaktoren der posttraumatischen Belastungsstörung und zeigt auch diverse Therapiemethoden und ihre traumarelevanten Konzepte auf. Im Rahmen des systemischen Ansatzes erfährt der Leser, wie Posttraumatische Belastungsstörungen entstehen und welche “Heilungsmöglichkeiten” es gibt. Sehr gut gefallen hat mir, dass Herr Korritko das Trauma klar definiert und auch zeigt, was so speziell an PTBS bei Kindern und Jugendlichen ist.

„Weil Kinderhirne so leicht formbar sind, sind sie auch so leicht verformbar, oft sogar so sehr, dass es dem Kind später nicht mehr gelingt, die ins einem Gehirn angelegten Potenziale, seine Talente und Begabungen zu entfalten“.

Häufig finden sich Störungsbilder einer mehrfachen Traumatisierung. Immer mehr gelangt dieses Thematik in den Fokus. Und statt dem bloßen Suchen nach Diagnosen, sollte man die Kinder und Jugendlichen nach vergangenen Traumatisierungen befragen oder mithilfe der Angehörigen sich schnell auf diese Suche begeben – eben weil das junge Gehirn noch so formbar ist und sich verändert. Eine Behandlung hat desto mehr Erfolg, je früher sie im Leben stattfinden.

„Wer gelernt hat, in schlechten Zeiten zu überleben, kann auch umlernen, was erforderlich ist, um in guten Zeiten zu überleben“.

Das Buch hat mir insgesamt sehr gut gefallen, es bietet eine große Vielfalt an Erfahrungen, Erkenntnissen des Autors und auch vielfach erprobte und umsetzbare Methoden mit vielen Instrumenten und Interventionsmöglichkeit für systemische Therapeuten, die aufgerufen werden, sich im Rahmen des systemischen Denkens und ihrer Arbeit den traumatisierten Kindern und Jugendlichen und ihren Familien zuzuwenden.

Fazit: Ein umfassendes, sehr informativ und praktisch geschriebenes Buch, das für mich zur Pflichtlektüre der systemischen Therapie zählt! Absolut empfehlenswert!

Weiterlesen

Zirkuläres Fragen

41wz1h1wxl

Im Buch “Zirkuläres Fragen – Systemische Therapie in Fallbeispielen – Ein Lernbuch” von Christel Rech-Simon und Fritz B. Simon wird anhand von Fallbeispielen gezeigt, wie therapeutisch so wichtigen Interviewtechnik “Zirkuläres Fragen” konkret angewandt wird. Für entsprechende Hintergrundinformationen sorgen treffende Kommentare und theoretische Einschübe, was mir sehr gut gefallen hat.

Das Lernbuch beginnt bei der Klärung des Kontextes der Therapie, zeigt ihre Zielbestimmung und weiter zu den Mechanismen der Problementstehung und der möglichen Lösungssuche.

Gerade die gelungene Kombination aus Fallbeispielen und deren theoretischen Erläuterungen haben mir sehr geholfen das zirkuläre Fragen zu verstehen. Es geht um einen übergeordneten Blickwinkel – eine übergeordnete Perspektive einer Beziehung oder Interaktion mit dem Ziel, das nicht mehr funktionierende System zu “stören”, zu öffnen und neu sowie nachhaltig auszurichten. So erschafft das zirkuläre Fragen den Raum für neue Denkmuster und Handlungsschemata.

Fazit: Ein sehr empfehlenswertes und wichtiges Buch für alle Fans der systemischen Therapie – seien es Beginner, Laien oder Experten – eine Fundgrube an wundervollen Impulsen, die ich nicht mehr missen möchte. Großartig und empfehlenswert!

 

Weiterlesen

Steve de Shazer: Mehr als ein Wunder

41ynjriq7vl

Das sehr empfehlenswerte Buch “Mehr als ein Wunder – Die Kunst der lösungsorientierten Kurzzeittherapie” von Steve de Shazer und Yvonne Dolan bietet einen sehr guten Überblick über lösungsorientierte Kurzzeittherapie (abgekürzt: LOKT).

Auch ist es eine liebevolle Würdigung des Lebenswerkes, ein Lehrbuch und die Essenz des langjährigen und reichhaltigen Erfahrungsschatz des Ehepaares Insoo Kim Berg und Steve de Shazer, die beide kurz hintereinander im Jahr 2005 bzw. 2006 verstarben.

Und auch der Titel ist Programm, denn es bedarf nicht nur einem Wunder – also der vielgerühmten Wunderfrage, sondern

das Buch zeigt auch viele Fallbeispiele, so dass man mittels der Interventionen und Fragestellungen einen guten Einstieg ins Thema findet und dieses Wissen für seine Arbeit – sprich Therapieinterventionen – generieren und anpassen kann. 

Zu Beginn des Buches gibt es einen Abschnitt, der die allgemeinen und spezifischen Interventionen der  der lösungsorientierten Kurztherapie. Weiterhin können wir ein höchst interessantes Interview lesen, dass die Mitautorin Yvonne Dolan mit ihrer Klientin Margaret führte, die von ihrer Drogenabhängigkeit, der Beziehung zu einem gewalttätigen Mann und ihrem schwierigen Verhältnis Familie berichtet. Unterbrochen wird das Gespräch wird immer wieder von Yvonne Dolans Aussagen, warum eine Frage oder Intervention nun jetzt gerade so vorgenommen worden ist. Diese Unterbrechungen fand ich nicht störend – im Gegenteil, gerade für Anfänger auf dem Gebiet der lösungsorientierten Kurzzeittherapie sind diese sehr hilfreich, da sie einen sehr vertieften und aufklärenden Einblick in die lösungsfokussierte Kurztherapie bieten.

Fazit: Pflichtlektüre für alle Systemiker und Freunde der lösungsorientierten Kurzzeittherapie. Für Anfänger und Praktiker gleichermaßen geeignet. Ein wundervolles Buch!

Weiterlesen

Da liegt ein Krokodil unter meinem Bett

51tx4ddnTyL

Der renommierte Kinderbuchautor Mercer Mayer hat mit “Da liegt ein Krokodil unter meinem Bett” einen Kinderbuch-Klassiker zum Thema Albträume geschrieben.

Was tun? Der Albtraum ist vorbei, doch das Krokodil liegt noch immer unter dem Bett. Abend für Abend ging der kleine namenlose Junge in dem sehr schön illustrierten Bilderbuch sehr vorsichtig zu Bett – er hangelte sich über ein vor sein Bett gestelltes Brett in Richtung Bettdecke und kaum war sicher oben angekommen, sah er den Schwanz des Krokodils unter seinem Bett hervorragen – aus den Augenwinkeln ;-). Immer dann, wenn er nachschaute, war das Krokodil wieder weg … So rief er nach seinen Eltern … die fanden aber nichts Ungewöhnliches … Also nahm der kleine Junge sein Schicksal selbst in die Hand und stellte dem Krokodil einige Fallen, um es aus dem Haus zu locken. 😉

Fazit: Ein tolles Kinderbuch für ängstliche Kinder, die unter Albträumen leiden! Der kleine Junge findet fabelhafte Methoden, um sich selbst seinen Ängsten zu stellen. Ein sehr mutmachendes Bilderbuch für Kinder unter sechs Jahren!

Weiterlesen

Die Macht Ihres Unterbewusstseins

511KrhJCMlL

Der Klassiker “Die Macht Ihres Unterbewusstseins” von Dr. Joseph Murphy, dem Wegbereiter des positiven Denkens ist in einer neuen Aufmachung erschienen. Der vielzitierte Autor und einer der Väter des positiven Denkens und Bejahens hat damit ein klassisches Grundlagenwerk geschaffen. Die deutsche Erstausgabe dieses fulminanten Werkes erschien das erste Mal 1965 in deutscher Sprache im Ariston Verlag!

Der Schlüssel zum Glück liegt in uns, nicht in unserem repräsentativen Job, Auto oder Haus, sondern tief in uns vergraben – in einer wundervollen Schatzkiste. Wir müssen ihn selbst ausgraben, dabei können uns nur wenige unterstützen, wir müssen es selbst wollen und auch tun.

“Ihr Unterbewusstsein ist Ihre große Dunkelkammer. Es ist der geheime Ort, an dem Ihr äußeres Leben entsteht.” (Seite 19)

Das Buch ist für mich sehr wichtig, es begleitet mich schon viele Jahr und das erste Mal habe ich es in einem alten Koffer bei einer Haushaltsauflösung gesehen und von meinem Onkel geschenkt bekommen. Es ist für mich eines der besten Bücher auf dem Gebiet des positiven Bejahens in inniger Verbundenheit mit der Quelle allen Seins – wie wir sie auch immer nennen wollen – Gott, Universum etc.

“Ich habe erlebt, wie für Menschen jedes Geschlechts und Alters, aller Gesellschaftsschichten und Nationen regelrechte Wunder geschahen. Auch Ihr Leben wird sich grundlegend verändern – sobald Sie die Macht Ihres Unterbewusstseins einzusetzen beginnen. Dieses Buch legt Ihnen dar, wie Ihre Art zu denken und Ihre inneren Bilder Ihr Schicksal beeinflussen; denn das Leben eines Menschen ist identisch mit dem Inhalt seines Unterbewusstseins.” (Dr. Joseph Murphy auf Seite 12)

Wir alle sind Teile eines großen Ganzen, unser Unterbewusstsein ist stets mit allem was ist verbunden, wir alle sind miteinander verbunden. Die Prinzipien des Lebens sind sehr alt und wie Ralph Waldo Emerson so schön zitiert:

“Jeder Mensch hat Anteil an dem die ganze Menschheit verbindenden Weltgeist.”

Und damit unsere Welt sich ändert, sind wir aufgerufen unseren Geist zu verändern, quasi neu zu programmieren. So kann für uns alle eine wundervolle, entspannte Phase positiver Veränderung beginnen.

“Ihre Seele birgt eine Goldader, deren Erschließung Ihnen alles ermöglichen wird, was Sie von einem glücklichen Leben erwarten. Viele Menschen gleichen Schlafwandlern, weil sie die Existenz dieser Weisheit und Liebe nie entdecken.” (Seite 23)

Fazit: Der Klassiker der positiven Bejahungen darf in keinem Bücherregal fehlen – absolutes und eingeschränkt empfohlenes Must-have! Unsere innere Schatzkammer möchte positiv erstrahlen!

Weiterlesen

Digitale Depression

81dpONc8NzL

Das Autorenduo Sarah Diefenbach und Daniel Ullrich gehen in ihrem sehr lesenswerten Buch “Digitale Depression – Wie neue Medien unser Glücksempfinden verändern” auf die virtuellen Glücksdämpfer der neuen Medien – allen voran dem allseits bereiten Smartphone – ein.

Beim Versuch, unser Glück online zu konservieren und zu intensiveren sprich zu posten, verlernen wir, unser Glück direkt zu erleben. Die Generation Smartphone ist mehr darauf bedacht, always on zu sein, stets das perfekte Foto für den Facebook-Post zu schießen – “während der magische Augenblick vorbeizieht“. Das Foto wird dann fix gepostet, um wiederum möglichst viele Likes zu generieren und hiermit wiederum Selbstbestätigung zu bekommen. Die bewusste Wahrnehmung des Moments wird weitgehend ausgeschaltet, wir gucken durch die Linse, aber nehmen nicht wahr, was das Auge sieht. Das Foto wird wichtiger als das Ereignis selbst. Und die Fotos verschwinden dann meist im virtuellen Nirvana und werden nicht mehr bewusst angeschaut, sprich erlebt. (Man muss schon auch Glück haben, wenn man die “Sehenswürdigkeiten” überhaupt noch hinter all den Selfiesticks sehen kann – wie nervig sind diese Dinge doch nur!)

Bewegt man sich wie ich – die manchmal völlig vergisst, dass sie ein Handy besitzt, durch den Alltag, dann sieht man vielfach Menschen, die wie Zombies nur noch auf das Display ihres Smartphones starren, die schon Panikattacken bekommen, wenn dem Akku unterwegs der Saft ausgeht. Auch bei Gesprächen blickt man sich oftmals nicht mal mehr in die Augen, sondern einer der Gesprächspartner tippt wie bekloppt auf seinem Smartphone herum. Nicht mal auf öffentlichen Toiletten hat man seine Ruhe, weil meistens ein Zeitgenosse selbst auf dem Klo noch ein wichtiges Businesstelefonat führen muss. Wo ist hier bitteschön der Datenschutzbeauftragte ;-)?

Ich selbst möchte gar nicht so viel von meinen Mitmenschen erfahren, auch nicht, dass die Uschi nun ausgezogen ist oder man seit Tagen an einer Verstopfung leidet. Leider muss ich mir dies meist – insbesondere in den ICEs anhören, auch wenn ich in der Ruhezone sitze. Die eigene Privatsphäre und auch die der anderen leidet massiv. Und was ist mit der Rücksichtnahme auf andere? Die ist durch die permanente Erreichbarkeit leider nicht möglich.

“Technik ist heute schließlich überall und immer dabei. Angefangen bei der elektrischen Zahnbürste über den Kaffee aus dem Vollautomaten und jederzeit abrufbare Ratschläge zu allen Lebenslagen per YouTube bis hin zur Überwachung der Trainingsfortschritte vie Fitness-Armband, dabei immer die Kopfhörer auf den Ohren. Und auch der Austausch mit anderen läuft technikvermittelt. Kontakte knüpft man über Facebook, Instagramm zeigt, wer ich wirklich bin – oder sein will. Via WhatsApp bleibt man immer in Verbindung mit Freunden und Familie, wer noch mehr News aus meinem Leben will, kann meinem Blog folgen.” (Seite 11)

Doch machen all diese Dinge uns wirklich glücklich? Tut es uns gut, was wir in den sozialen Medien tun? Wir alle wollen ein glückliches Leben führen, wir wollen herausfinden, was uns glücklich macht und was wir selbst für unser Glück tun können – was eine der kompliziertesten überhaupt Lebensaufgaben ist. Denn: Glückliche Menschen tun auch der Gesellschaft gut, weil sie weniger Verkehrsunfälle verursachen, hilfsbereiter und großzügiger sind, gesünder leben und effizienter arbeiten.

“Kritische Stimmen zur technischen Durchdringung unseres Alltags gibt es viele. Berechtigte Sorgen um Datenschutz und Privatsphäre beispielsweise. Sorgen um gesundheitliche Gefahren, wie die böse Handystrahlung oder den Mausarm. Oder auch Sorgen um die Degeneration unserer kognitiven Fähigkeiten.” (Seite 12)

Fazit: Ein super empfehlenswertes Buch über den Verlust unseres Glücksempfindens durch die neuen Medien. Ein aufrüttelnder Wachmacher zum reflektierten Umgang mit sozialen Medien & Co.

Weiterlesen

Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit

41hudCmGVOL

Benedict Wells hat mit seinem neuen Buch “Vom Ende der Einsamkeit” ein sehr berührendes Buch geschrieben.

Wie gewohnt beim Diogenes Verlag ziert ein bekanntes Bild das Cover. Hier: „Jeanne Moreau and Francois Triffaut – The Bride Wore Black“ von Elizabeth Peyton. Alleine das ist schon Zeichen eines traurigen Buches, welche Braut trägt denn gerne schwarz?

Und so beginnt das Buch auch mit dem Erwachen des 41 Jahre alten Protagonisten Jules aus dem Koma nach einem Motorradunfall. Subtil zwischen den Zeilen liest sich eine mögliche Suizidabsicht.

Der Leser geht mit ihm in gedanklichen Rückblenden zunächst zu seiner unbeschwerten Kindheit mit seinen älteren Geschwistern Liz und Marty zurück. Diese endet jedoch sehr abrupt mit einem tödlichen Autounfall der Eltern.

Der erste Satz:

“Ich kenne den Tod schon lange, doch jetzt kennt der Tod auch mich.”

Die Kinder kommen in ein Internat und entfremden sich zusehends. Jules wird dort zum einsamen Außenseiter, der in einem Mädchen namens Alva seine beste Freundin fürs Leben findet. Jules, der vor dem schrecklichen Unfall ein sehr abenteuerlustiges Kind war, wird zunehmend schweigsamer und einsamer. Er fragt sich ständig, wie sein Leben verlaufen wäre, ohne dieses schreckliche Erlebnis des Verlustes seiner Eltern.

Jules beginnt nach seinem Abitur ein Jurastudium, obwohl er viel lieber Fotograf werden möchte.  Seine Unentschlossenheit spiegelt seine haltlosen Wurzeln aus Kindheitstage. ER wirkt wie ein ankerloses Schiff, dass immer auf der Suche nach neuem Halt, neuen Wurzeln ist, sie aber nie wirklich finden kann. Seine Schwester Liz schwebt immer am Abgrund, ihr Leben wird bestimmt durch Drogen, Alkohol und wechselnde Liebschaften.  Nur Marty gelingt es ein geregeltes Leben zu führen. Die Geschwister gehen völlig getrennte Wege, aber in Krisensituationen stehen sie füreinander ein. Benedikt Wells nimmt uns mit auf den Lebensweg der drei unterschiedlichen Geschwister, die das Trauma ihrer Kindheit nie richtig überwunden haben und läßt uns sehr intensiv teilhaben an den Nöten, Kummer und Hoffnungen der drei.  

Doch dann trifft Jules viele Jahre nach Beendigung der Schule seine Freundin Alva wieder … Und so beginnt für ihn die Reise in die Vergangenheit erneut …
Benedict Wells gelingt es meiner Meinung nach sehr gut sich in ein Kind hineinzuversetzen, dass nach dem Verlust der Eltern wieder ins Leben zurückfindet. Die im Buch bestimmenden Themen sind Trauer, Glück und Einsamkeit, was sehr zum Nachdenken anregt.  Es ist ein sehr melancholisches Buch voller intensiver Emotionen, die sehr zu Herzen gehen. Ein Buch, dass zu Tränen rührt, und doch so intensiv, klug und zauberhaft ist, dass man es dennoch gerne liest. Eine absolute Lese-Empfehlung von mir!

Weiterlesen